Donnerstag, 22. September 2011

Was ist Grundeinkommensarbeit?


Überlegungen zur Grundeinkommens-Arbeit – Ein Brief an die Gruppe

Mit Motivation, wo hin?

Ich möchte hier aus einer Email zitieren:

... unsere Gruppe trifft sich wieder am 04.04.10....... Wenn Sie mögen kommen Sie dazu und schauen sich die Gruppe an. Ob sich in nächster Zeit Aktivitäten ergeben, kann ich nicht sagen. In der Vergangenheit haben wir einige Veranstaltungen durchgeführt, sind jetzt aber auf der Suche wie wir weiter machen. Wir sind daran interessiert die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens zu verbreiten, haben aber nicht unbedingt den Kontakt zu politischen Parteien gesucht, da wir meinen, dass die Idee nicht von oben verordnet werden kann.“



Kann es sein, dass diese Absicht, als Motiv für Grundeinkommens-Arbeit viel zu schwach ist?

Wenn man diese Absicht, „die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens zu verbreiten“ mal genauer untersucht, können tatsächlich Zweifel entstehen, ob sie genügend Motivation für die tagtägliche Grundeinkommensarbeit hergibt.

Die Idee verbreiten bedeutet, über die Idee informieren. Aber wen wollen wir denn informieren? Bei ein, zwei Veranstaltungen in der Vergangenheit, hatten wir im Vorfeld Flyer verteilt. Da konnte man ja sehr gut sehen, welche Menschen einem begegneten. Aber auch die Veranstaltungen selbst hinterließen einen Eindruck, welche Menschen anwesend waren. Sowohl bei den Infoständen als auch bei den Vortrags-Veranstaltungen sind, ich schätze mal 80% Menschen anzutreffen, die bereits von der Idee wissen. Das sind Menschen, die man nicht mehr über die Idee des bGE informieren muss. Man bekommt von ihnen entweder die Antwort, ja die Idee kenne ich, ich bin dafür, oder sie sagen, dass sie die Idee kennen, aber dagegen sind.
Menschen, die nach 6 Jahren Götz-Werner Talk-Shows, Zeitungsartikeln, Radio-Features, Interviews und so weiter, nach der Arbeit vieler weiterer Grundeinkommens-Aktivisten, wie Sascha Liebermann, Daniel Häni, Enno Schmidt, Susanne Wiest und viele andere, immer noch nicht, also überhaupt noch nicht von der Idee des Bedingungslosen Grundeinkommen gehört haben sind eher selten. In dieser Gruppe sind aber auch die Leute, die sowieso nicht politisch interessiert sind und eine abwehrende Handbewegung machen, wenn man ihnen einen Flyer über das Thema in die Hand drücken möchte.

Wenn man also unter diesem Aspekt unsere Anliegen und den uns selbst gegebenen Auftrag sich anschaut, können schon Zweifel aufkommen, ob das sehr motivierend auf die TeilnehmerInnen wirkt, überwiegend bereits Informierte zu informieren, mit Gegnern zu diskutieren und Desinteressierte anzusprechen. Es ist schlichtweg nicht nötig und überflüssig. Und die wenigen Gutwilligen und trotzdem völlig Ahnungslosen in Deutschland ausfindig zu machen, soll das wirklich unser Schicksal sein?

Ich will aber nicht ausschließen und so sehe ich es ja bei mir selbst, dass es ein Prozess ist, für sich herauszufinden, was man eigentlich mit dem Thema will, was für einen selbst Grundeinkommensarbeit ist und inwieweit diese sinnvoll in einer Gruppe sein könnte. Hier möchte ich kurz auch einige Einzelheiten ansprechen:

Grundeinkommensarbeit ist nicht Grundeinkommensarbeit. Spätestens, wenn man sich in die Einzelheiten der Thematik einarbeitet, sieht man Unterschiede. Es ist nicht egal, ob man für oder gegen die Konsumsteuer ist, oder sich eines Urteils enthält, ob man gegen oder für den bGE-Protagonisten Götz Werner ist, ob man etwas gegen Unternehmer hat oder nicht, ob man für das bGE ist und gleichzeitig für eine Partei aktiv ist, oder nicht. Es ist ein Irrtum zu glauben, mit jeder Person sei eine Zusammenarbeit möglich, nur weil diese beim Stichwort „Grundeinkommen“ hier gerufen und die Hand gehoben hatte. Deshalb ist es immer wieder wichtig, zu schauen, ob man in der bGE-Gruppe noch „in einem Boot sitzt“ und in die gleiche Richtung rudert.

Aber wenn es vom Sachverhalt her gar nicht unsere Arbeit sein kann, über das bGE zu informieren, was ist dann unsere Arbeit (Arbeitsaufgabe)?
Auch ich habe mich in den letzten vier Jahren, in denen ich mich mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen beschäftigte, in meiner Haltung zu diesem Thema verändert. Seien wir doch mal ehrlich, die Idee zu verstehen, ist doch wirklich einfach. Aber was kommt dann, besonders, wenn man sagt, ja, die Idee habe ich verstanden und finde sie gut? Kommt da wirklich spontan der Wunsch, die Anderen über das bGE zu informieren oder denkt man nicht an was anderes? Ja, das Grundeinkommen müsste her! Oder? Eigentlich müsste einem einfallen, dass man sich für die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommen einsetzen möchte.

Ich hatte mich das erste Mal damit beschäftigt, ob das nicht vielleicht meine Motivation ist, Grundeinkommensarbeit zu machen, nachdem ich einmal ein Interview mit Götz Werner gelesen hatte und er dort sagte, er setze sich für die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommen ein und ich mir überlegte, ob ich das nicht eigentlich auch will und diese Haltung eine bessere Motivation hergibt als der einfache Informationsvermittlungs-Anspruch. Hinzu kam, dass bei der Argumentation Pro-Grundeinkommen der Menschenrechtsaspekt ein starker Stützpfeiler des bGE-Konzeptes ist (Verletzung der Menschenrechte durch die Hartz4-Gesetze; Existenzsicherung als Grundrecht) und man eigentlich gar nicht anders kann, als für die Einführung von Menschenrechten sich einzusetzen.
Hat man dann einmal die Spur gefunden und das Ziel der eigenen Grundeinkommensarbeit neu formuliert, gewinnt der Informationsvermittlungs-Anspruch plötzlich eine ganz andere Qualität. Denn jetzt geht es nicht mehr darum, nur zu informieren, weil die Idee so gut ist und weil man meint, wirklich alle sollten informiert sein, sondern der Wunsch zu informieren ergibt sich aus dem Anspruch, die eigene Arbeit für die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommen zu begründen.


Samstag, 17. September 2011

Die Konsumsteuer in der Diskussion

Zum Konsumsteuer-Thema ist ein Beitrag von Robert Ulmer, Redakteur des Netzwerk Grundeinkommen, auf der Netzwerkseite „Akzente“ zu lesen.



In einer Antwort auf diesen Beitrag möchte ich mich mit den Äußerungen Herrn Ulmers auseinandersetzen. Ich zitiere dabei auszugsweise aus seinem Beitrag und beziehe mich auf seine gewählte Kapitelunterteilung. (Zitate sind an Kursiv-Schrift erkennbar)

Punkt 1.
Die Befürworter der Konsumsteuerfinanzierung argumentieren, es sei gerecht, dass nicht derjenige die Steuerlast trage, der eine Leistung erbringt, sondern derjenige, welcher eine Leistung anderer in Anspruch nimmt. Wer konsumiere, nehme aber nicht nur die Leistung des Anbieters in Anspruch, sondern indirekt auch die staatliche Infrastruktur, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Diese hat wiederum der Produzent in Anspruch genommen, sie haben die Leistung des Produzenten/Anbietenden ermöglicht. Deshalb solle der Konsument beim Kauf der Leistung auch für die Erstellung dieser gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bezahlen, in Form einer Konsumsteuer, also einer entsprechend erhöhten Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer).


Ulmer erweckt in diesem ersten Abschnitt seines Beitrags den Eindruck, er würde die Absicht der Konsumsteuer erklären. Er tut dies aber mitnichten. Stattdessen verdreht er den Gedanken und unterstellt den Konsumsteuer-Befürwortern (KB) Absichten und Äußerungen, die nur er selbst in diesem Beitrag von sich gibt. Vielleicht sollte man nach diesen Äußerungen Ulmers nochmal sagen, warum Steuern gezahlt werden: Damit die Gemeinschaft Arbeiten für uns alle erledigen kann, sollten wir Bürgerinnen und Bürger einen Beitrag dafür geben.

Die Besteuerung des Einkommens dagegen ist für die Befürworter der Konsumsteuerfinanzierung ein parasitärer Eingriff des Staates, der die Leistenden hemmen würde.


Ulmer unterstellt den KB den Begriff „parasitär“. Dabei ist diese Äußerung nur von ihm gemacht worden. Das ist eine unverschämte Art der Auseinandersetzung.


Im 2. Abschnitt seines Beitrages behauptet Ulmer die Konsumsteuer sei kaum weniger leistungshemmend als eine Einkommensteuer. Und begründet dies so: Denn genauso wie die Einkommensteuer durch direkten Abzug beim Einkommen, führt auch die Konsumsteuer durch höhere Güterpreise dazu, dass Arbeits- und Kapitaleinkommen real niedriger sind, als sie ohne Steuererhebung wären.

Ulmer behauptet, dass es egal sei, an welcher Stelle die Steuer erhoben würde, da der Einkommensempfänger so oder so den Steueranteil abrechnen müsse, ob in der Mitte oder am Ende seines Leistungsbezugs.
Ulmer unterschlägt dabei einen bedeutenden Aspekt der Konsumsteuer-Idee. Nach der Konsumsteuer-Konzeption kommt es eben nicht zu höheren Güterpreisen, weil es die gleiche Steuer, der gleiche Steueranteil ist, der fällig wird. (siehe Latte Macchiato-Beispiele)
Er wird nur an anderer Stelle erhoben. Und dieses technische Detail führt dazu, das ein zentraler Vorteil der Konsumsteuer wirksam wird. Nämlich die Verschiebung der Richtungsentscheidung wie Geld verwendet wird, mehr hin in die Zuständigkeit der Bürgerinnen und Bürger. Das heißt das Geld, das ihnen kommentarlos weggenommen wurde bei der Einkommenssteuer, haben die Lohnempfänger noch bis zum Schluss ihrer Kaufentscheidung. Erst dann wird der Steuerobolus fällig. Dies ist ein bedeutender Vorteil, den die Einkommenssteuer nicht bietet. Der Bürger hat bei der Konsumsteuer einfach mehr Geld in der Tasche!


In Punkt 3. behauptet Ulmer, die Aussage der Konsumsteuer-Konzeption, letztlich zahle immer der Verbraucher die Steuern, sei falsch. Und begründet dies damit:

Steuern können aber nur in dem Umfang in den Preis einkalkuliert werden, wie es der Marktmacht des Anbieters entspricht.

Ich muss zugeben, dass ich selbst nicht Unternehmer bin. Ich halte aber die Aussagen von z.B. Götz Werner für schlüssig, nachvollziehbar und glaubwürdig, dass sich kein Unternehmen am Markt halten könnte, wenn es nicht die Steuern die es zahlen muss, als Kosten in die Preise der gehandelten Güter und Dienstleistungen mit einrechnen würde. Vielleicht könnten sich zu diesem Thema auch nochmal weitere UnternehmerInnen zu Wort melden.


Unter Punkt 4. schreibt Ulmer:
Die Konsumsteuer führt dazu, dass diejenigen, die prozentual mehr von ihrem Einkommen ausgeben und weniger sparen (also Menschen mit niedrigem Einkommen), prozentual mehr Steuern zahlen müssen.


Ulmer vermischt bei dieser Aussage eine Vielzahl von Ansprüchen.
Denn was bewirkt der Konsumsteuer-Ansatz: Leistung wird von der steuerlichen Belastung freigestellt, und erst wenn "die Früchte" verteilt werden, sollte ein jeder seinen Obolus für die Gemeinschaft beitragen. Das geschieht dann im Moment des Konsums. Die Konsumsteuer bietet die Möglichkeit, wie heute bereits die Mehrwertsteuer, gezielt einzelne Produktgruppen und Dienstleistungen unterschiedlich zu besteuern. Man muss es nur machen! Alles, was zur Existenzsicherung notwendig ist, sollte steuerlich gering belastet sein. Alles was Luxus ist, könnte steuerlich stark belastet werden. Es liegt an den Entscheidungsträgern, dies umzusetzen. Im Übrigen darf man nicht vergessen, dass der Konsumsteuer-Ansatz gedacht wird und gilt, für die Zeit, in der bereits ein Bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt ist! Das heißt, die Menschen sind nicht in Not, egal wie viel Prozent sie im Vergleich zu den Reichen ausgeben oder sparen. Sie ist schlichtweg nicht relevant, diese Frage. Zumindest nicht im Verhältnis zur gigantischen positiven Wirkung, die die Einführung eines bGE auf unsere Gesellschaft haben würde. Mir scheint sowieso, dass Ulmer ganz in der Tradition der linken und gewerkschaftlichen Feindbild-Argumentation verharrt. Beim Stichwort Unternehmer kommt halt gleich der Beißreflex.
Natürlich kann und soll auch über die riesigen Unterschiede bei Einkommen, Vermögen, Grundbesitz, etc nachgedacht werden. Ich bin der Meinung, dass über den Besitz an Grund und Boden neu verhandelt werden sollte. Bodenschätze, Luft, Wasser, Raum, brauchen wir Menschen auf der Erde gleichermaßen und müssen geteilt werden.


Punkt 5.
Für die Konsumsteuer spricht die in 1. genannte Gerechtigkeitsvorstellung, dass der Konsumierende beim Kauf auch die staatliche Infrastruktur gleich mitfinanzieren solle.


Steuern sind Beiträge zu Gemeinschaftsaufgaben und sollen helfen diese zu erledigen. Das ist in erster Linie ein praktischer Aspekt und bedarf überhaupt nicht einer Art Gerechtigkeitsanmerkung. Das heißt, der Konsument soll im Sinne des Konsumsteuer-Konzepts gar nichts. Hier konstruiert Ulmer seine eigene Version einer Konsumsteuer-Idee.


Die ökonomisch Stärkeren (die „stärkeren Schultern“) können und sollen mehr tragen als die Schwächeren, und zwar unabhängig davon, wie viel die betreffenden Personen konsumieren. Deshalb ist eine Besteuerung des Einkommens (und in gewissem Umfang auch des Vermögens und des Erbes) sinnvoll.

Dagegen ist nichts einzuwenden, dass die Wertschöpfung eines Landes allen Menschen zugutekommt. Bei Ulmer wird daraus aber gleich eine Attacke gegen „betreffende Personen“. Ich würde da eher schrittweise vorgehen und erstmal das Bedingungslose Grundeinkommen einführen. Dann kann man schauen, was als Nächstes kommt. - Revolutionen sind nicht wirklich gut verlaufen.

Punkt 6.
Die durch eine Konsumsteuerfinanzierung verstärkte Vermögenskonzentration hat eine weitere fatale Konsequenz.


Hier wird eine Behauptung aufgestellt, die Entwicklungen in der Zukunft vorwegnimmt, von denen wir überhaupt nicht wissen, ob sie so verlaufen, wie Ulmer das sieht. Verstärkt eine Steuererhebung über den Konsum die Vermögenskonzentration?
Der Souverän, die Bürgerinnen und Bürger, vertreten durch Staatsdiener, haben sicher ein umfangreicheres Instrumentarium, als nur die Konsumsteuer, wenn es um die Handhabung von Vermögenskonzentrationen geht.


Weil die Wohlhabenden aber im Verhältnis zu ihrem Einkommen weniger konsumieren als der Rest der Gesellschaft, führt dies dazu, dass der gesamtwirtschaftliche Konsum schwächer steigt als das Volkseinkommen. Damit steigen auch die Konsumsteuereinnahmen nur unterpropotional.


Ulmer beschäftigt sich hier mit der Konsumsteuer als Finanzierungsgrundlage für das Bedingungslose Grundeinkommen. Unabhängig von diesem Aspekt der Konsumsteuer-Bedeutung kann die Konsumsteuer aber einfach als die bessere Steuererhebungsmethode angesehen werden. Sie hat für die Bevölkerung mehr Vorteile, als die Einkommenssteuer.
Ulmer hat es dagegen mit den Unternehmern, den Reichen, den Vermögenden, denen mit Erbe und so weiter. Er will nicht, das sie einfach so davon kommen. Seine ganze perspektivische Handhabung des Konsumsteuer-Themas ist allein auf diesen Aspekt einer Betrachtung ausgerichtet. Dass er dabei die Vorteile der Konsumsteuer für den Normalbürger opfert, um die Reichen beim Schlafittchen zu kriegen, ist ihm egal. Hauptsache die Vermögenden sind zu packen.
Dabei hat diese ganze Idee, ausgerechnet die Einkommenssteuer als Lösung gegen Vermögende einsetzen zu wollen, schon was Tragisches. Ist sie nicht jetzt im Moment im Einsatz und entfaltet dabei null Wirkung gerade in dem Bereich, für den Ulmer sie vorgesehen hat? Die gelungene Steuerhinterziehung ist heute Alltag. Erst jetzt hat die Bundesregierung ein Gesetz erlassen, dass Steuerhinterzieher die ihr Geld in die Schweiz schafften, straffrei stellt, wenn die Schweizer Regierung automatisch einen bestimmten Prozentsatz der hinterzogenen Gelder an den deutschen Fiskus überweist.


Punkt 7.
Das Resultat wäre, dass die Preise weitgehend politisch gesetzt würden und nicht mehr die Knappheit der eingesetzten Ressourcen widerspiegelten, sondern politische Kräfteverhältnisse. Nicht die Marktkräfte von Angebot und Nachfrage, sondern der Sozialismus staatlicher Preisfestsetzungen, z.B. eine willkürliche Unterscheidung zwischen Luxus und „Kultur“, würde die Ökonomie bestimmen.



Es bleibt rätselhaft, warum jetzt ausgerechnet ein staatlicher Gestaltungseinfluss etwas Schlechtes sein soll, wo Ulmer noch kurz vorher nach der ordnenden Hand gerufen hatte.

Punkt 8.

Der Vorteil des bedingungslosen Grundeinkommens, viel Bürokratie überflüssig zu machen, würde durch die alleinige Konsumbesteuerung aufgezehrt.


Ulmer argumentiert, hohe Konsumsteuersätze würden die Steuerhinterziehung bei der Konsumsteuer forcieren und dadurch würde wieder viel Bürokratie notwendig werden, um Steuerhinterziehung einzudämmen, die doch nach Aussage der Konsumsteuer-Befürworter durch die Einführung der Konsumsteuer eingespart werden könnte.
Hier spekuliert Ulmer, wie es sein wird wenn dies und das passiert. Ich selbst bin der Meinung, das Steuerhinterziehung bei alleiniger Konsumsteuer schwieriger wird. Weil die Finanzbehörden nicht mehr die Behauptungen der Einkommenssteuerpflichtigen über ihr Einkommen prüfen müssen (das ist der Fall heute), sondern bei alleiniger Konsumbesteuerung auf das schauen können, was jemand an Besitztümern hat und Dienstleistungen in Anspruch nahm.
Es ist einfacher einen Geldbetrag zu verstecken oder Anspruchscheine, als einen Ferrari, den man doch so gerne der übrigen Welt zeigen möchte, oder die Burg in der Schweiz, die man sich mit hinterzogenem Geld leisten konnte. Ich bin also der Meinung, dass wir sehr wohl Bürokratie einsparen und dennoch sehr erfolgreich gegen Steuerhinterziehung vorgehen können.

Nun würde die durch das BGE realisierte Abschaffung des Erwerbszwanges alternative Formen der Ökonomie ermöglichen. Diese interessante und erfreuliche Entwicklung würde abgeschnitten, das nichtmonetäre Tauschen von Gütern und Dienstleistungen müsste kriminalisiert werden, wenn die einzige Steuerquelle eine hohe Konsumsteuer wäre.


Das ist eine bloße Behauptung Ulmers, dass sich dies so ergeben würde: Die Einführung der Konsumsteuer führe zu einer Kriminalisierung des Tauschhandels. Dies anzunehmen erscheint mir schon reichlich abstrus. Auch wenn die Konsumsteuer zur Finanzierung des bGE beiträgt, muss sie nicht zwangsläufig die alleinige Basis für die Gewährung eines Bedingungslosen Grundeinkommen sein. Hier ist Ulmers Gedankengebäude sehr eng gedacht und die daraus resultierenden Folgeerscheinungen mögen zu willkürlich gewählt sein.


Punkt 9.
Mit einer hohen Konsumsteuer in Deutschland würde der Exportriese andere Länder ökonomisch noch mehr in Knie zwingen als er es heute – unnötiger- und gefährlicherweise – ohnehin schon tut.


Diese Argumentation ist geradezu abstrus und perfide. Die billigen Produkte aus dem Ausland werden gerade in den produktivsten Ländern wie China (ein volksdiktatorisch-kommunistischer Staat mit einem pseudo-kapitalistischen Mäntelchen), durch massive Menschenrechtsverletzungen erkauft. Menschen werden in zwangsarbeiterähnlichen Verhältnissen zur Selbstausbeutung getrieben und wir fördern diesen Zustand, in dem wir Waren die durch diese Umstände zustande kamen, kaufen. „Fair-Trade“ ist das nun wirklich nicht. Und Herr Ulmer ist sich nicht zu schade, für diese Verhältnisse das Wort zu reden.
Die Konsumsteuer hat eine allgemeingültige positive Wirkung auf die Gesellschaften überhaupt, egal in welchem Land. Eine sinnvolle Umstellung nicht zu tätigen wäre nicht zu rechtfertigen. Aber sowohl das Bedingungslose Grundeinkommen als auch die Mehrwertsteuer/Konsumsteuer sind überall in der Welt Thema und wenn wir in Deutschland unser Steuerkonzept weiterentwickeln, werden die anderen Länder aufmerksam diese Entwicklungen begleiten und diesem Konzept womöglich folgen. Diktatorisch und totalitär geführte Länder kann man dabei nicht als Maßstab für gesellschaftliches Verhalten heranziehen.

Umgekehrt würden durch die Konsumsteuer vom Ausland dringend benötigte Produkte aus Deutschland deutlich preisgünstiger, was diesen Ländern zugutekäme und was Ulmer ebenfalls unterschlägt.
Die Konsumsteuer hat mit „das Ausland in die Knie zwingen“ überhaupt nichts zu tun. Dies sind Gedankengebäude Ulmers, die er der Konsumsteuer-Idee anhängen will.

Punkt 10.
Es wäre deshalb moralisch nicht vertretbar, die Einführung des BGE und die ersten Schritte in Richtung auf ein BGE mit einer – wenn überhaupt – nur sehr langsam zu verwirklichenden Totalumstellung des Steuersystems auf eine alleinige Konsumsteuer zu verknüpfen.


Dieser Absatz von Robert Ulmer gefällt mir eigentlich sehr gut. Ich bin auch der Meinung, dass das bGE umgehend eingeführt werden sollte. Und auch die von ihm genannten „ersten“ Schritte finde ich gut.
Ich bin aber der Meinung, dass die Konsumsteuer die bessere Steuer ist. Und dabei geht es mir nicht in erster Linie um die Frage der Finanzierung eines bGE.
Die Konsumsteuer ist besser für die Menschen, die Wirtschaft, die Gesellschaft, als es die Einkommenssteuer ist.

Punkt 11.
Die Gesellschaft „läuft“ auf den bereits beschrittenen Pfaden. Neuerungen können dann leichter eingeführt werden, wenn alles andere wie gehabt weiterlaufen kann.


Eine schrittweise Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommen könnte sofort stattfinden. Das wäre zu begrüßen. Die Menschen sollen sich mit dem Thema Steuern auseinandersetzen. Für mich ist die Konsumsteuer einfach die bessere Steuer. Und Argumente dafür gibt es genug. Die Nachteile der Einkommenssteuer sind heute tagtäglich erlebbar!


Punkt 12.
Doch auch ein Steuerfreibetrag ist Ergebnis politischer Auseinandersetzung. ....eine Konsumsteuer ließe sich durchaus mit einer herkömmlichen Grundsicherung mit Arbeitszwang und Mitwirkungspflichten, mit Bedürftigkeitsprüfung und Sanktionsdrohung kombinieren.


Die Grundeinkommens-Idee ist bei Götz Werner und Benedictus Hardorp aus den Überlegungen zum Steuerrecht entstanden. Wie Herr Ulmer richtig sagt, als Steuerfreibetrag. Natürlich kann man sich die Konsumsteuer und die Einkommenssteuer in allen möglichen anderen Konstellationen vorstellen. Aber das spricht ja nicht gegen die Konsumsteuer. Der Bürger sollte selbst entscheiden und selber die Themen durchdenken.


Punkt 13.

. insbesondere die meritokratische Gerechtigkeitsvorstellung, der zufolge nur jene Geld bekommen sollen, die es durch eigene Leistung (oder zumindest Bemühung) verdienen.
Die zentrale Auseinandersetzung um das Grundeinkommen wird immer die Auseinandersetzung mit dieser unbarmherzigen Verdienst-Moral sein müssen.



Ein Hindernis, wenn überhaupt, wäre genau diese Vorstellung, dass solche Fragestellungen wichtig sind. Aber es gibt im Leben des Menschen sowieso nur zwei Möglichkeiten zu einer Versorgung seiner selbst zu gelangen: Er nutzt die Früchte der Natur als Jäger und Sammler oder leistet eine Umwandlung, Veredelung, Wert-Schöpfung. Beides ist aber immer Arbeit. Selbst das Pflücken eines Apfels kann anstrengend sein. :-)
Deshalb würde ich sagen, ruhig Blut, das Leisten ist gar nicht so ein dramatisches und Sorgen behaftetes Thema. Wir Menschen sind doch auch gerne aktiv. Und da wären wir wieder beim Menschenbild. Herr Ulmers Blick auf die Welt und die Menschen ist da etwas zu pessimistisch.



FAZIT:
Wenn überhaupt, so hat Herr Ulmer die Vorteile der Konsumsteuer ausschließlich in seine kritische und ablehnende Argumentation verbaut, sodass man sie kaum noch erkennen kann. Seine Hauptsorge besteht mithin darin, dass „die da oben“ nicht genügend zur Kasse gebeten und die, die arbeiten nicht zu sehr in den Himmel gehoben werden. Klassenkampf ist das allemal. Und ideologisches Denken wohl auch. Brauchen wir das heute noch? Ich denke, nein. Die gesellschaftlichen Probleme sachlich und nüchtern angehen. Die Vorteile eines Weges für uns Menschen und die Gesellschaft abschätzen. Mehr braucht man nicht. Freund-Feind-Muster sind da eher störend.





Vom Netzwerk nicht veröffentlichter Kommentar zu Robert Ulmers Konsumsteuer-Beitrag:

Robert Ulmer weist in seinem Artikel darauf hin, dass alle Bedingungslose Grundeinkommen (bGE) – Befürworter, - Initiativen, sich erstmal für die baldige Einführung des bGE einsetzen sollten. Genauso ist es.

Aber ohne die Ausgestaltung des bGE-Gedankens geht es auch nicht. Und das ist auch ein Wettbewerb um die besten Lösungen und Ansätze. Entscheiden, was der beste Weg ist, müssen wir alle letztlich für uns selbst und dann müssen wir dafür eintreten. Und natürlich gibt es auch Verlierer bei diesem Wettbewerb. Gibt es Ideen und Vorstellungen, die nicht umgesetzt werden oder vielleicht zu einem viel späteren Zeitpunkt. All das muss man aushalten können.

Robert Ulmer gibt in seinem Beitrag deutlich zu erkennen, dass er nicht viel von der Konsumsteuer hält, ihre Wirkung auf die Gesellschaft nicht genügend vorhersagbar findet und eine Einführung des bGE ohne Konsumsteuer für sinnvoller erachtet. Das ist doch seine Meinung und ok.

Das Problem an seinem Beitrag ist, dass er die Konsumsteuer-Idee falsch wiedergibt. Ob mutwillig und absichtlich, kann ich nicht beurteilen. Der Umfang der Falschwiedergabe ist allerdings so groß, dass einem die Lust vergeht, darauf überhaupt im Einzelnen eingehen zu wollen.

Thomas Oberhäuser




Konsumsteuer - Einkommenssteuer

Das Latte Macchiato-Beispiel:

  • http://www.grundeinkommen-luebeck.de/Einzelthemen/LatteMacchiato.html
  • http://grundeinkommen-news.blogspot.com/2011/09/die-latte-macchiato-these.html
  • http://www.google.de/search?q=latte+machiato+beispiel+grundeinkommen&ie=utf-8&oe=utf-8&aq=t&rls=org.mozilla:de:official&client=firefox-a